"SEIN SCHLÜSSEL"
- blummeret
- 2. Feb. 2021
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 25. Nov. 2021
Eine Kurzgeschichte von:
Franziska Senn, freischaffende Schauspielerin in der Schweiz

Ich kann nicht schlafen. Ich wälze mich im Bett, versuche an nichts zu denken, starre die Wand an. Ruhig regelmässig atmen, schön in den Bauch, alles wird schwer und rund, einundzwanzig, zweiundzwanzig, mein Geist kommt zur Ruhe… nichts, schwarz, Ruhe…verdammtnochmal, die Nachbarn! Jetzt werden sie mir wieder die ganze Nacht lang zeigen, was gute Freunde sind. Prost. Aber nein, das Geräusch kommt aus meiner Wohnung. Da fummelt jemand an der Tür. Ich steh auf, nein, nicht aufstehen! Gegen einen Einbrecher komme ich eh nicht an, vielleicht hat er eine Waffe. Die Tür geht einfach auf, er muss einen Schlüssel haben. Leise Schritte im Flur. Tobias? Ganz leise. Der Gedanke kommt nur bis zur den Zähnen. Er soll mich nicht hören. Er stolpert. Wahrscheinlich über meine Taschen. Oder ist es doch jemand anderes?… nein, das sind seine Schritte. Er rappelt sich auf, bleibt stehen. Was will er? Ich stelle mich schlafend, falls er ins Zimmer kommt. Einer Begegnung bin ich im Moment nicht gewachsen. Zuviel Angestautes, Unverdautes würde aus mir herausplatzen. Das will ich selber alles gar nicht hören. Andererseits soll er doch hören, wie es in mir drinnen aussieht, was er angerichtet hat! Immer ausweichen, immer wegschauen, immer fliehen…
Die Tür wird zugezogen. Ist er weg? Aus dem Bett gesprungen und schon an der Tür horche ich den Schritten auf der Treppe. Er nimmt zwei Stufen auf einmal. Unten fällt die schwere Haustür ins Schloss. Ich gehe in die Küche mir ein Glass Wasser holen. Da liegt er. Auf dem Küchentisch. Tobias’ Schlüssel. Also mein Schlüssel. Mein Zweitschlüssel. Ich nehme ihn in die Hand, drücke ihn ganz fest, spüre seine Kanten und Löcher und natürlich den Giraff, der daran hängt. Diesen sperrigen Giraff, den ich ihm damals in Florenz geschenkt habe, hat er nie abgenommen. Das wars jetzt also. Fünf Jahre Zusammenleben. Beendet. Mit den Zehen stosse ich an eine Magnum Flasche. Rotwein, und nicht der billigste. Soll ich das nun nett oder gut finden? Das habe ich nun davon, dass ich mehr als einmal gemeckert habe, dass immer nur die Männer den feinen Rotwein bekämen, und wir Frauen uns mit den Blumen begnügen müssten.
Ich will zurück ins Bett. Schlafen, endlich schlafen. Und den Schlüssel, ja, was mach ich mit dem Schlüssel?… den Schlüssel könnte ich eigentlich Reza geben…
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